Text geschrieben am 08.05.2024.
Ich zitiere hier mal einen alten Tweet von mir, wo ich wirklich mal “aus der Haut gefahren bin” (passiert mir selten):
“Wenn jemand kein Alkohol trinken möchte dann akzeptiert das verdammt nochmal. Wieso werden die Menschen die keinen trinken schräger angeschaut als die, die welchen trinken, mich macht das so fertig. Spürt ihr euch eigentlich noch, wenn ihr zu diesen Menschen gehört?!?!” 11. Juni 2023
Ich weiß nicht mehr, was genau da vorgefallen war, dass ich so emotional bei dem Thema wurde.
Was bei diesen Zeilen vermutlich niemand wusste: an dem Tag war ich seit 3 Jahren und 7 Monaten trocken.
November 2019 war es endlich so weit: ich habe Stop gesagt. Stop zu Alkohol. Zu diesem Zeitpunkt habe ich bereits zwei oder vielleicht sogar drei Jahre sehr regelmäßig Alkohol konsumiert.
Ich habe am Anfang immer gesagt “Ach, das war doch nichts, das waren ja nur ein paar Schlucke” – Fast täglich. Morgens, mittags, abends. Über Monate. Über 1-2 Jahre. Mein letzter Psychologe hat mir sehr bei der Erkenntnis geholfen: ich war Alkoholikerin.
Das zuzugeben fällt mir immer noch sehr schwer. Allerdings bin ich, im Gegensatz zu den letzten Jahren, mittlerweile an dem Punkt angekommen, wo ich endlich offen darüber sprechen kann. Mittlerweile weiß ich und kann auch annehmen, dass das eine große Stärke ist. Auch wenn es sich immer noch wie meine größte Schwäche anfühlt.
Das hat alles mit meiner Geschichte zu tun. Es gab einfach diesen Zeitraum von den 8 Jahren in meinem Leben, die nicht so gut liefen, wie sie von außen vielleicht aussahen. Ich war in einer toxischen Beziehung mit emotionaler Manipulation und häuslicher Gewalt an meiner Seite. Dadurch hat sich leider eine weitere, ungesunde Beziehung ergeben: die, mit dem Alkohol.
Es fing eigentlich recht harmlos an, weshalb ich auch nicht mehr genau sagen kann, wann es genau angefangen an. Da sich von mir gewünscht wurde jeden Morgen Kaffee zu trinken “weil ich immer so müde war” tat ich das. Allerdings hat der mir echt gar nicht geschmeckt, es war ekelhaft. Und habe entsprechend viele Sachen und Möglichkeiten versucht, wie es mir besser schmeckt. Sehr viel Zucker und Milch, verschiedene Sirup und Baileys. Also Alkoholischer (Sahne)Likör. Damit konnte ich den Kaffee eigentlich ganz gut runterbekommen. Also wurde das zur Gewohnheit.
Die nächste Gewohnheit hatte sich ebenfalls langsam, aber sicher eingeschlichen. Beim Einkaufen wurde ein Sixpack Bier mitgenommen und dann immer zum Mittag- oder Abendessen konsumiert. Alleine trinken war anscheinend keine Option, weshalb sich von mir gewünscht wurde, auch immer mit zu trinken.
Immer mal wieder waren Freunde da und dann wurde auch gerne mal der Alkohol rausgeholt um noch etwas mehr Spaß zu haben. Da macht man natürlich mit. Irgendwann kam deshalb dann der Zeitpunkt, an dem Tequila vor dem Schlafen gehen konsumiert wurde, denn die Orangen (goldener Tequila) werden ja sonst schlecht. Und irgendwann war irgendwie immer welcher da. Und immer öfter gabs vor dem Schlafen gehen ein Gläschen. “Du bist dann viel lustiger und dann kannst du besser schlafen”.
Was soll ich noch sagen. Es kam schleichend. Und es ging nur schwer wieder weg. Sogar als ich in psychologischer Betreuung war kam das Thema nicht auf, weil ich selbst nicht verstanden habe, was da eigentlich tagtäglich nebenher passiert. Rückblickend betrachtet ist es offensichtlich, aber damals war es das nicht.
Ich habe mich Anfang 2019 aus dieser Beziehung lösen können. Der Alkohol blieb dennoch an meiner Seite. Partys, Zusammenkünfte, Feiertage, Geburtstage,… Alles “Gute Gründe” zum Alkohol zu greifen. Jedoch ist ein paar Menschen irgendwann aufgefallen, dass ich viel zu viel konsumiert habe. Und ich habe es erst sehr, sehr spät selbst auch verstanden.
November 2019 war dann der Punkt an dem ich gesagt habe, dass ich auch diese Angewohnheit, mit der Beziehung zusammen, zurücklassen möchte. Seitdem kein einziger Tropfen mehr. Und ich bin sehr stolz auf mich.
Vielen herzlichen Dank fürs Lesen!
Das ist das Schlimme. Angewohnheiten schleichen sich still und heimlich, dafür aber erschreckend schnell ein und man verfällt ihnen auch viel zu schnell wieder.
Ich gratuliere zu diesem großen Schritt.