Text geschrieben am 23.01.2024.
Ich dachte mir, ich erzähle euch mal wieder ein bisschen was über mich. Immerhin bekommt man nicht jeden Post auf Twitter von einer Person mit und hier auf Twitter aber auch auf dem Blog gibt es natürlich auch Leute die mir schon lange folgen, aber auch viele, die mich erst seit kurzem kennen und diese Leute würde ich gerne abholen an dieser Stelle!
Wenn ich nur einer einzigen Person mit meiner Lebensgeschichte Kraft und Mut schenken kann, habe ich alles erreicht, um das Beste aus meinen Erlebnissen zu machen.
Meine ganze Geschichte würde natürlich den Rahmen sprengen aber ein paar Erlebnisse möchte ich trotzdem nochmal hervorheben. Zumindest die, Dank denen ich gerade dort bin, wo ich bin.
Über meine Kindheit oder Zeit als Jugendliche möchte ich nicht so gerne reden, weil da viel Mist passiert ist, den ich selbst noch gar nicht richtig verarbeitet habe. Große Überschrift: Mobbing. Viele Arten. Viel Schmerz. Viele ungesunde Verhaltensmuster gelernt, die ich auch heute leider noch habe. Dort hat es angefangen, dass ich aufgehört habe auf meine Bedürfnisse zu hören um dazu zu gehören.
Ungefähr zur Zeit meiner Volljährigkeit lernte ich einen Mann kennen und es folgten die 8 schlimmsten Jahre meines Lebens. Auf jeden Fall rückblickend betrachtet. Im dem Moment wo es passiert ist, habe ich es gar nicht so richtig gemerkt. Ich lebte diese 8 Jahre mit einem toxischen Menschen und häuslicher Gewalt zusammen. Auch hier möchte ich nicht zu sehr ins Detail gehen. Ich habs irgendwie geschafft. Irgendwie geschafft diese Zeit durchzustehen, was für Außenstehende bestimmt auch leicht aussah. Wir haben zur Miete in einem Haus gewohnt, lebten mit drei Katzen, hatten viele materielle Gegenstände und Sammlungen, ein eigenes Zimmer nur für unsere Mangas. Ich arbeitete Vollzeit und machte nebenbei noch vier Jahre lang eine Abendschule die ich auch erfolgreich abgeschlossen habe. Ja, von außen betrachtet, sah ich ganz bestimmt wie jemand aus, der alles im Griff hat und keine Sorgen hat. Und irgendwie stimmte das auch, ich habe nämlich nicht gemerkt, wie schlecht es mir ging. Ich habe mich komplett in Arbeit gestürzt. Viele Projekte gemacht. War immer irgendwie beschäftigt – um mich bloß nicht mit mir und meinen Gefühlen auseinanderzusetzen. Dieser Mensch hat es geschafft, dass ich ein sehr schlechtes Bild von mir entwickelt habe, mit selbst nicht mehr vertraut habe durch schlimmes Gaslighting, mich schlimm manipuliert, mir Gewalt zugefügt, emotional und körperlich, hat mich komplett abhängig von sich gemacht und mich sogar von meiner Familie und sämtlichen Freunden getrennt. Ich dachte, das wäre alles normal.
Bis ich auf der Arbeit Panikattacken bekommen habe. Ich wusste nicht damit umzugehen und hatte keine Vorstellung, woher das plötzlich kommt, immerhin war ich ja der Meinung, dass alles super läuft.
Als Konsequenz, weil die Panikattacken immer mehr und schlimmer wurden, habe ich mir meine erste Psychologin gesucht. Nach einem 3/4 Jahr hatte ich Glück und habe eine wirklich tolle gefunden. Die sich die Arbeit gemacht hat mit mir mal mein Leben genauer anzuschauen, quasi hinter die Kulissen dieser Fassade, die ich vor anderen und vor mir selbst aufgebaut habe.
Soweit so gut. Da es mir trotzdem einfach nicht besser ging schlug sie vor, dass ich in eine Tagesklinik gehen soll, um wieder auf die Beine zu kommen und auch wieder arbeiten zu können. Ich habe ein bisschen gebraucht, habe dann aber selbst festgestellt, dass hier absolut was nicht gestimmt hat. Nach ein paar Tagen dort und nach ein paar Stunden in der Tanztherapie Gruppe, wo es darum geht auf seine Bedürfnisse zu achten, fiel es mir dann wie Schuppen von den Augen: ich hatte keine Bedürfnisse.
Da war einfach nichts, mit dem ich arbeiten konnte. Auch bei der Arbeit mit meiner Psychologin und dann dem Psychologen im der Tagesklinik und durch die Therapeuten dort habe ich festgestellt: ich muss was ändern. Es hat nicht mehr gereicht, dass ich mir selbst vorgemacht habe, dass alles okay war.
Ich wollte keine Angst mehr haben nach Hause zu kommen, etwas falsch zu machen, geschlagen zu werden. Ich wollte das alles nicht mehr für mich. Und habe mein Leben neu gestartet.
Ich habe wieder zu meiner Familie gefunden, sie haben mich zum Glück mit offenen Armen empfangen, obwohl ich das zu dem Zeitpunkt eigentlich gar nicht verdient hatte. Mir wurde dabei geholfen, dass ich dort ausziehen konnte, ich habe nur die dringensten Sachen mitgenommen aber Hauptsache eins: ich war frei. Niemand mehr der mir harte Vorgaben gibt, niemand mehr der über mich und das was ich tue oder denken soll bestimmt. Und das war auch der Zeitpunkt, wo meine Selbstfindungsreise begonnen hat.
Das war Anfang 2019, da hatte ich den Neustart gemacht. Einen Neustart im Leben zu machen ist unfassbar hart. Ich lebte vom Krankengeld, hatte keine richtige Wohnung und lebte mal hier, mal da. Musste die Beziehungen zu meiner Familie wieder aufbauen, neue Freunde finden, weiter zur Therapie gehen, und und und.
Tja, wo bin ich heute, 5 Jahre später? Ich lebe in einer 17qm Wohnung, habe mittlerweile meine Diagnosen Depression, ADHS und PTBS. Ich habe chronische körperliche Schmerzen und kein Arzt weiß so richtig, woher sie kommen. Ich habe einen Freund den ich sehr Liebe und der hier auch quasi wohnt in dem kleinen Raum. Ich bin damit leider nicht ausreichend erfüllt, auch wenn ich es gerne wäre, weil ich Polyamore bin und mir mindestens eine weitere Beziehung sehr fehlt. Mein Monat ist voll mit Terminen. 1-3 mal die Woche bin ich bei irgendeinem anderen Arzt, ich muss einmal die Woche zur Physiotherapie, weil meine Schmerzen sonst schlimmer werden, meine Sozialberaterin kommt einmal die Woche vorbei und erledigt mit mir wichtige Aufgaben. Ich muss alle halbe Jahr zum Jobcenter und Bescheid sagen, dass ich leider immer noch nicht fit genug bin um arbeiten gehen zu können, auch wenn ich das wirklich dringend wieder möchte. Ich habe zahlreiche Zwänge mit denen ich nur schwer klarkomme. Ich bin workaholic und mir fällt es sehr viel leichter mich um Aufgaben zu kümmern als mich um mich selbst zu kümmern. Ich habe generell kaum Kraft mich um mich selbst zu kümmern, brauche bei vielen alltäglichen Dingen Hilfe, weil ichs alleine nicht schaffe. Der Zustand von meinem Körper verschlechtert sich immer mehr, auch wenn ich mit meinen Ärzten so gut es geht dagegen arbeite mit Medikamenten etc. Ich habe aktuell 4 Nervenzusammenbrüche die Woche. Wobei das nur der Überbegriff für mich ist, genauer gesagt habe ich mal einen Meltdown, mal einen Overload, mal eine Panikattacke. Ich bin sehr überfordert und fühle mich die meiste Zeit über sehr hilflos. Meine Wohnung ist viel zu klein, ich habe ein zu kleines Gefrierfach, keinen Ofen und dadurch wirklich große Probleme mich ordentlich und regelmäßig zu ernähren, vor allem, weil mit oft einfach die Kraft fehlt. Ich habe die Intoleranzen Laktose, Sorbit und Fruktose, die mir das Leben echt schwer machen. Ich bekomme Bürgergeld und habe nur wenige finanziellen Mittel. Ich habe aber auch eine Kaufsucht, die oft meine Aufmerksamkeit möchte. Und ich habe aktuell keine Therapie.
Das klingt im ersten Moment erst mal alles viel, überfordernd und negativ. Ich bin auch definitiv überfordert. Aber ich habe mein Leben trotz dieser ganzen Sachen mit denen ich leben muss so schön wie möglich gemacht!
Hätte mir vor ein paar Jahren jemand gesagt, dass ich auf 17qm glücklicher bin als auf 200qm, dann hätte ich das einfach nicht geglaubt. Und ja, es ist natürlich anstrengend, jetzt schon seit zwei Jahren auf so kleinem Raum mit den Einschränkungen zu leben – aber hier darf ich ich sein.
Ich habe endlich wieder Kontakt zu meinen Gefühlen und Bedürfnissen. Ich habe gelernt auf mein Herz und auf mein Bauchgefühl zu hören, ich weiß meine Familie so sehr zu schätzen wie noch nie und werde ihnen nie wieder den Rücken kehren, ich habe die wundervollsten Freundschaften, von denen ich jahrelang nur träumen konnte. Ich streame und mache sowohl mir als auch den Menschen die mir ihre Zeit schenken damit große Freuden und wir helfen uns damit gegenseitig. Ich habe die Mittel um zu Zeichnen und mich dadurch auf eine Weise auszudrücken, von der ich auch nur jahrelang träumen konnte. Ich kann anderen eine Freude mit meiner Kunst und meinem Shop machen, was mich ebenfalls freut. Ich habe mir endlich den Wunsch erfüllt wieder auf Bühnen zu stehen, egal ob auf einer Convention oder auf einer Poetry oder Poetry Slam Bühne. Ich kann endlich wieder Cosplay machen.
Ich habe mir ein Auffangnetz geschaffen aus Menschen die wichtige Anker in meinem Leben geworden sind bestehend aus meinem Freund, meiner Mama, meinen beiden Geschwistern, meiner Sozialberaterin, meiner Physiotherapeutin, meinem Hausarzt und meinen anderen Ärzten, habe meine Freunde mit denen ich zwar nicht ununterbrochen kommuniziere aber zu denen ich immer gehen kann wenn es mir nicht gut geht, wo mir zugehört wird. Ich weiß bei all diesen Menschen, dass sie für mich da sind, dass ich zu ihnen kommen kann wenns blöd läuft, die ich fragen kann ob sie mir helfen, wenn ich es alleine gerade mal nicht schaffe. Ich bin unfassbar dankbar für jeden einzelnen dieser Menschen. Ich habe dadurch eine Struktur im Monat, weshalb ich es gar nicht schaffen würde meiner Depression immer nachzugeben und das sorgt dafür, dass ich nicht so oft in ein Loch fallen kann, wie es meine Depression gerne würde.
Ich bin aber auch für eine wichtige Sache am meisten dankbar: für mich. Ich weiß mich endlich zu schätzen, ich kenne meinen Wert, meine Vorzüge, kann tiefe Dankbarkeit empfinden und tiefe Liebe zu mir und zu anderen. Andere Menschen schätzen mich für meine Offenheit, mein Verständnis und geben mir das Gefühl jemand zu sein, mit dem man gerne Zeit verbringt. Ich kann anderen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Ich habe mich selbst lieben gelernt und durch die Erfahrung in Polyamoren Beziehungen gelernt, dass ich auch mit mir selbst eine wichtige Beziehung führe, die gehegt und gepflegt werden muss.
Waren die letzten 20 Jahre einfach? Absolut nicht. Es war hart, sehr hart. Aber ich habe viel positives für mich mitnehmen können. Ich habe das beste daraus gemacht. Ich kann mich heute hinstellen und stolz auf mich sein für alles, was ich trotz der Umstände geschafft habe.
Und: ich kann anderen Mut machen. DU schaffst das, mit was auch immer du gerade zu kämpfen hast.
Das alles und noch viel mehr bin ich, Mimi.
Danke fürs Lesen und für deine Zeit, das weiß ich sehr zu schätzen!
Uff, danke für diesen Einblick und den Mut, den du hier aufbringst!